Theater Aufwärmübungen

Die Zeit, die man an Schulen mit seinen jugendlichen Darstellern verbringt ist manchmal sehr begrenzt. Oft hast du gerade mal eine Doppelstunde pro Woche zur Verfügung. Im besten Falle kann man mal zwei oder drei Projekttage bekommen, um mit der Schauspielarbeit richtig in die Tiefe zu gehen.  Wie schön wäre es, wenn ich jeden Tag noch eine Extrastunde hätte, um außerhalb der üblichen Proben, einfach nur die persönlichen Fertigkeiten der Schüler spielerisch zu trainieren: Konzentration, Achtsamkeit, Kreativität, Spontaneität, Offenheit, Klarheit, Selbstvertrauen, Mitgefühl, Präsenz, Ausdauer, Freude, Zuhören, Hinschauen. Das sind nur einige Beispiele die mir einfallen, wenn mich jemand fragt, was man beim Theaterspielen alles lernen kann. Zweck der Theater AG´ s ist es also nicht, die Teilnehmer auf eine Karriere als Schauspieler vorzubereiten - Regelmäßig durchgeführte Theaterübungen machen die Kinder jedoch zu facettenreicheren und stärkeren Menschen. Spaß haben bedeutet hier, anstatt sich berieseln zu lassen, hellwach und präsent zu sein. Man nimmt sich selbst und andere klarer wahr. Dadurch wächst auch das Mitgefühl und die Wertschätzung füreinander.

 

 

 

Gerade am Anfang einer Theater AG, wenn der Text noch nicht auswendig gelernt wurde und die Schüler in der Phase sind, in der sie herausfinden, ob sie überhaupt Lust auf Theater haben, ist es hilfreich, wenn du einiges vorbereitet hast, was du mit ihnen ausprobieren kannst. Mein persönliches Repertoire habe ich mir auf verschiedenen Lehrgängen für Schauspieler, bei Fortbildungen der Berliner Grips Werke und beim Surfen im Internet angeeignet. Manches habe ich mir selbst ausgedacht und einiges habe ich von anderen übernommen und leicht verändert.

 

Viele Übungen kann man als Lehrer auch mal einbauen, um etwas Schwung in den Unterricht zu kriegen.

 

 

 

DER GEMISCHTE KREIS

 

Lernziele: Teamwork, Achtsamkeit, Konzentration, Geduld.

 

Wenn fünf  Jungen und fünf Mädchen aus der fünften  Klasse neu in meine Theater AG kommen und sich alle nebeneinander in die erste Reihe setzen, kann man sicher sein, dass sie sich geschlechtlich getrennt hinsetzen und mindestens zwei Plätze zwischen beiden Gruppen freilassen. Dieses Muster löse ich schon mit der ersten Übung auf: „Wenn ich LOS sage, steht ihr langsam auf und geht über die Treppe auf die Bühne. Dort bildet ihr einen Kreis, in dem abwechselnd ein Junge und ein Mädchen stehen. Ihr macht das, ohne zu reden, und ohne euch gegenseitig zu berühren.  Zeichen und Gesten sind erlaubt. Wenn auch nur einer flüstert oder jemanden berührt, müsst ihr wieder dorthin, wo ihr gestartet seid. Denkt dran! Ihr schafft das nur als Team.“

 

Sind es z.B. mehr Mädchen als Jungs, sage ich, dass keine zwei Jungs und höchstens zwei Mädchen nebeneinanderstehen dürfen. Das sind schon mal kleine, aber feine Schritte heraus aus der Komfortzone. Wenn man diese Übung durchführt, hat man den Eindruck, dass die Schüler denken, sie müssten die Nebenstehenden heiraten. Deswegen kommt es oft vor, dass die Kinder mehr darauf bedacht sind, neben Mitspielern zu stehen, die sie mögen, als darauf, die Aufgabe zu erfüllen. Das wird dann auch angesprochen: „Dadurch, dass du jetzt unbedingt neben Hans stehen wolltest, hast du nicht gesehen, dass die Aufgabe im Nu erfüllt wäre, wenn du dich zwischen Betty und Elisa gestellt hättest. Und jetzt nochmal von vorn! Konzentriert euch nur darauf, dass Jungs und Mädchen im Wechsel nebeneinanderstehen, ganz gleich, wie ihr eure Nachbarn findet.“

 

Das Prinzip haben die Schüler recht schnell kapiert. Mit der Zeit wird es eine Minute dauern, dann stehen sie im Kreis und du kannst sofort zur nächsten Übung übergehen. Jetzt kommt es auf den mentalen Zustand der Kinder an. Sind sie vielleicht aufgekratzt und überdreht oder eher verträumt und schläfrig?

 

Sind sie aufgekratzt, dann lasse ich sie erst einmal zur Ruhe kommen. Die Arme hängen locker an der Seite, die Hände stecken nicht in den Taschen, die Füße stehen schulterbreit auseinander. Dann wird runter gezählt.

 

 

 

RUNTERZÄHLEN

 

Lernziele: Intuition, Wahrnehmung der anderen, Teamwork, entspannte Wachheit, Präsenz.

 

 

 

10 Leute stehen im Kreis. Sie sollen im Team bis zehn zählen. Sind es zwölf, zählen sie

 

bis zwölf usw. Jeder darf nur eine Zahl sagen. Wenn zwei Personen gleichzeitig eine Zahl sagen, fängt es nochmal von Vorne an:

 

Beispiel: 10 Kinder stehen im Kreis. Es ist Stille. Alle achten aufeinander.

 

Phillip: „eins“

 

Karl: „zwei“

 

Lisa: „drei“

 

Hanna: „vier“

 

Jens und Lotte gleichzeitig: „fünf“

 

Jens und Lotte haben gleichzeitig gesprochen, und deswegen muss wieder von vorne begonnen werden. Um zu vermeiden, dass sich Automatismen entwickeln, darf diesmal nicht wieder Phillip die „eins“ sagen. Damit sie nicht auf die Idee kommen, es sich einfach zu machen, indem einfach nur der Nebenmann immer die nächste Zahl sagt und sie dann im Kreis zählen, dürfen die, die die ersten drei Zahlen sagen, jeweils nicht nebeneinanderstehen. Der, der zwei sagt, darf nicht neben dem stehen, der eins sagte und der, der drei sagt darf nicht neben dem stehen, der zwei gesagt hatte. Danach ist es egal. Wenn sie versuchen es schnell zu machen, geht es meist schief. Sie sollten sich Zeit nehmen und genau auf die anderen achten. Zeichen dürfen nicht gegeben werden. Das ist eine hervorragende Übung um den siebten Sinn, also den Instinkt, zu schulen. Wenn sie Starwars kennen, mache ich ihnen das auch auf diese Weise schmackhaft: „Es geht darum die Macht zu spüren! Entwickelt die innere Magie!“ Tatsächlich ist es auch eine Art Magie die entsteht, wenn sie alle zur Ruhe kommen und es tatsächlich bis zum Ende schaffen.

 

 

 

Sind die Kinder verschlafen, starte ich aber mit der Schüttelübung:

 

 

 

DIE SCHÜTTELÜBUNG

 

Ziel: Ein Wachmacher mit Spaßfaktor

 

Der Rechte Arm wird in die Höhe gestreckt und während alle laut bis acht zählen, ausgeschüttelt. Dann der linke Arm, das rechte Bein, das linke Bein, der ganze Körper. Die nächste Runde wird bis 7 gezählt, dann bis 6,5,4,3,2,1. Als Spielleiter gebe ich da viel eigene Energie rein um die Teilnehmer zu motivieren. Damit keine Langeweile entsteht, wechselt man in den Runden die Lautstärkepegel zwischen Brüllen und Flüstern hin und her. „3, 2 und 1 rufen wir laut, damit am Ende Energie im Raum ist.

 

 

 

WACHSEN UND SCHMELZEN

 

Ein Wachmacher!

 

Ziele: Konzentration, Rhythmusgefühl, Körpergefühl.

 

„Wachsen und Schmelzen“ ist vom Energielevel her ein Zwischending zwischen „Runterzählen“ und „Schüttelübung“. Alle legen sich auf den Boden. Du zählst von eins langsam hoch bis acht, während die Schüler, als ob sie wachsen, gleichmäßig vom Liegen zum Stehen kommen. Dann wird wieder runtergezählt und sie schmelzen gleichmäßig zu Boden. Jetzt macht du das selbe mit sieben, usw.

 

Wachsen: 1,2,3,4,5,6,7, Schmelzen: 7,6,5,4,3,2,1 Wachsen: 1,2,3,4,5,6 Schmelzen: 6,5,4,3,2,1 usw.

 

Achte darauf, dass „gleitend“ und nicht „ruckartig“ geschmolzen und gewachsen wird.

 

 

 

Das sind die Übungen, die ich am häufigsten im Probenalltag einbaue. Weitere wirst du in meinen nächsten Artikeln finden.

 

 

 

 

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